Die Fairteil Aktion Darmstadt: Lebensmittel retten und Menschen helfen

Die Corona Krise bringt auch in Darmstadt viele bestehende Systeme ins Wanken. Eins davon ist die foodsharing Initiative, die sich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung engagiert: Normalerweise werden gerettete Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, in drei öffentlich zugängliche “FairTeiler” gebracht. Da diese nun geschlossen haben, hat die Initiative umgedacht – und die Fairteil Aktion Darmstadt gestartet.

Fairteil Aktion Darmstadt

Die Fairteil Aktion Darmstadt: Was ist das?

Spätestens als die Hochschul-Gebäude, in denen die regulären, öffentlich zugänglichen Fairteiler in Darmstadt stehen, geschlossen wurden war klar, dass das foodsharing Prinzip unter den aktuellen Bedingungen nicht aufrecht erhalten werden kann. Statt den Kopf darüber in den Sand zu stecken, haben Clara Brossmann und Lars Wolf einfach umgedacht. Denn: Die Lebensmittel, die weggeworfen werden (und das sind ganz schön viele: Ein Deutscher wirft im Schnitt gut 80 Kilo Lebensmittel pro Jahr in die Tonne!), werden trotz der Krise ja nicht weniger. Und die Menschen, die diese – oft noch wunderbar genießbaren – Lebensmittel gut gebrauchen können, sogar eher mehr. Gleichzeitig mussten unter anderem viele Tafeln Deutschlands schließen oder können Bedürftige nur noch eingeschränkt unterstützen.

Zusammen mit vielen anderen fleißigen Helfer*innen schufen Clara und Lars deshalb in nur wenigen Tagen den groben Rahmen für die Fairteil Aktion. Clara hatte schon vorab sehr aktiv in der foodsharing Community mitgewirkt, Lars bisher nur gelegentlich ausgeholfen und sich um IT-Themen gekümmert, sich aber stets für das Thema Nachhaltigkeit in Darmstadt engagiert. Ihre Kompetenzen konnten die beiden nun perfekt bündeln: Ein ausgeklügeltes Verteilsystem aus Abholenden, privaten Fairteil-Stationen und Bot*innen machen es möglich, weiterhin Lebensmittel zu retten und weitgehend kontaktlos an Haushalte zu liefern, die auf Solidarität angewiesen sind – etwa Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, oder Personen, die zu einer Risikogruppe gehören.

Knapp 100 Haushalte in Darmstadt werden versorgt

Sieben Fairteil-Stationen gibt es aktuell in Darmstadts verschiedenen Stadtvierteln, etwa in privaten Garagen oder Hinterhöfen. Organisiert wird das Fairteilen über Telegram-Gruppen und Emails, um auch in der Organisation physische Kontakte möglichst gering zu halten. Wie auch im normalen foodsharing-Konzept holen Foodsaver Lebensmittel, die etwa das Haltbarkeitsdatum überschritten haben, optisch nicht mehr einwandfrei sind oder aus anderen Gründen aus dem Sortiment von Supermärkten aussortiert wurden, ab. Neben bestehenden Kooperationen mit Supermärkten gibt es auch kleinere Unternehmen, die ohne die Aktion viele Lebensmittel weggeworfen hätten. Sogenannte “Balancer” sorgen dafür, dass die geretteten Lebensmittel gleichmäßig auf die sieben Fairteil-Stationen aufgeteilt werden.

Und dann? Wie funktioniert die Fairteil Aktion?

Über eine Telegram-Gruppe informieren die Koordinator*innen der jeweiligen Fairteil-Stationen die Mitglieder der Gruppe über gerettete Lebensmittel.

In detaillierter Terminabsprache, um sich beim Abholen nicht zu begegnen, vereinbaren sogenannte “Bot*innen”, wann sie Lebensmittel für die ihnen zugeteilten Haushalte abholen können.

Die Bot*innen kommen mit Mund-Nase-Schutz und Handschuhen ausgestattet zur Fairteil-Station und holen in individuellen Mengen Lebensmittel ab.

Diese bringen sie nun möglichst kontaktfrei zu ihren Haushalten. Idealerweise stellen sie die Lieferungen vor der verschlossenen Wohnungstür ab, die beliefernden Personen öffnen diese erst, wenn der*die Bot*in den Ort verlassen hat.

Momentan sind 57 Empfänger-Haushalte bei der Fairteil Aktion registriert, weitere 40 Haushalte werden darüber hinaus mitversorgt. Insgesamt leben dort 147 Personen, davon 110 Erwachsene und 37 Kinder. 42 Bot*innen sind registriert. Jede*r Bot*in hat fest zugewiesene Haushalte, zum einen um eine gewisse Regelmäßigkeit zu ermöglichen, zum anderen damit individuelle Absprachen sowie Kenntnisse über Unverträglichkeiten und spezielle Bedürfnisse ausgetauscht werden können. So wird verhindert, dass gerettete Lebensmittel an einen Haushalt geliefert werden, der diese nicht verwenden kann.

Gefördert wird die Aktion übrigens unkompliziert von der Aktion Mensch. 5.000 € wurden beantragt um neue Kühlschränke anzuschaffen, welche nach Ende der Aktion auch weiter für die öffentlichen Fairteiler genutzt werden können, und Transportkosten zu decken. Schön zu sehen, dass Unterstützung manchmal so einfach funktionieren kann.

Mittlerweile haben auch Städte wie Konstanz und Freising das Prinzip der Fairteil Aktion aus Darmstadt übernommen. In Frankfurt wird noch nach geeigneten Standorten für die privaten Fairteiler gesucht, auch Bot*innen werden hier noch gebraucht.

Dass die Fairteil Aktion keine langfristige Lösung sein kann, ist klar. Zum einen, weil sie sehr viel Zeit und Organisation erfordert – zum anderen, weil sie ein Pflaster auf einer großen Wunde ist: “Normalerweise leistet foodsharing neben dem Lebensmittelretten viel Bildungsarbeit und engagiert sich auch politisch dafür, dem Problem der Lebensmittelverschwendung im Ansatz entgegenzuwirken. foodsharing ist letztlich leider nur Symptombekämpfung. Aber jetzt musste eine pragmatische Lösung her”, erzählt Lars Wolf. So lange die Corona-Krise anhält wird die Fairteil Aktion also weiter laufen. Und ist dabei auf ehrenamtliche Helfer angewiesen.

Bei der Fairteil Aktion Darmstadt mithelfen

Du möchtest dich bei der Fairteil Aktion engagieren? Auf den folgenden Infosheets wird noch einmal detailliert beschrieben, wie du mithelfen kannst.

Wenn du mitmachen möchtest, registriere dich am besten direkt auf der Webseite der Fairteil Aktion als Unterstützer*in.

In Darmstadt würden sich Clara, Lars und das gesamte Team besonders über Balancer freuen, die Lebensmittel zwischen den Fairteilstationen transportieren und für eine Gleichverteilung sorgen. Wenn du also ein Lastenrad oder ein Auto und etwas freie Zeit zur Verfügung hast, überleg es dir doch mal!

Auch du könntest gerettete Lebensmittel gebrauchen oder kennst jemanden, der auf Unterstützung angewiesen ist?

Melde deinen oder einen dir bekannten Haushalt hier an. Das Fairteil Aktion-Team wird Kontakt mit dir aufnehmen, sodass du möglichst bald gerettete Lebensmittel kostenlos bis vor deine Tür geliefert bekommen kannst.

Fairteil Aktion Darmstadt

Alle Bilder in diesem Artikel stammen von Thilo Schmülgen.

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